Stärken stärken im Quartier

Veröffentlicht am: 17. Februar 2018 von Elisabeth Scharfenberg

Elisabeth Scharfenberg, bis 2017 Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik der grünen Bundestagsfraktion

Pflege, das ist von uns „jungen und fitten“ so weit weg. Pflege, das ist Alter, Gebrechlichkeit, Hilflosigkeit und aus dieser Perspektive der gefürchtete Verlust der eigenen Würde. Da ist es besser, sich mal lieber nicht damit zu befassen. Die Vogel Strauß-Taktik anwenden – ab in den Sand mit dem Kopf. Jeder will alt werden, aber keiner will alt sein. Was ist denn da eigentlich los? Wir leben in einer jugendwahnsinnigen Gesellschaft und um uns herum werden die Auswirkungen vom Wegschauen der Pflegepolitik immer deutlicher. Wie soll Pflege zukünftig funktionieren? In einer immer älter werdenden Gesellschaft? Damit müssen wir uns befassen!

Die Babyboomer kommen langsam in die Jahre – und ich mittendrin… Mit Mitte 50 wird man dann doch schon mal nachdenklich. Insbesondere, wenn das erste Enkelkind geboren wurde und man selbst eine Generation weiter rückt. Wie will ich denn alt werden? Wie will ich denn gepflegt werden? Und da ist bei mir und übrigens bei 80 % der Bevölkerung die Antwort ganz klar: zuhause, in meiner Umgebung, in meinem Kiez, in meinem Quartier. Wir wollen dort auch im Alter leben, wo wir uns heimisch fühlen, wo unser zuhause ist, wo wir uns auskennen, wo wir die Menschen kennen – und wo die Menschen uns kennen. Es gibt das Sprichwort: Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Wie wahr ist das. Wir sollten uns bewusst machen, dass schon ein Umzug in jungen Jahren keine Kleinigkeit ist. Im Alter ist es dagegen ein beunruhigendes Mammutprojekt. Bei diesem Schritt gibt es kein Zurück.

Natürlich gibt es Situationen, in denen ein Umzug in eine stationäre Einrichtung wichtig und richtig ist. Aber in ganz vielen Fällen ginge und geht es auch anders. Nämlich dann, wenn im Quartier, also in der Nachbarschaft, der passende ambulante Pflegedienst für mich da ist. Ein Glücksfall ist es, wenn dieser Pflegedienst mich als Menschen in meiner Ganzheit und nicht als Pflegefall sieht. Wenn er mich als Menschen mit meiner gelebten Geschichte wahrnimmt und Interesse an meinen „Lebensgeschichten“ hat. Wenn ich alt und hilfe- und pflegebedürftig bin, aber auch wenn ich jung pflegebedürftig werden sollte – wir alle sollten uns bewusst machen: Pflege ist keine Frage des Alters! – wünsche ich mir genau das. Ich bin dann ein Mensch mit Hilfe- und Pflegebedarf und nicht ein „Pflegefall“.

Das CareTeam verfolgt genau diese Philosophie. Hier hat man verstanden, dass im Mittelpunkt der Mensch steht. Genau so sieht es ja auch der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff vor: Teilhabe! Nicht defizitorientiert sondern Stärken stärken. Damit setzt das CareTeam zum einen die aktuelle Gesetzeslage konkret um und zum anderen entspricht genau das dem Wunsch eines Großteils unserer Bevölkerung. Zu dem wird der demografische Wandel das seinige dazu tun. Zukünftig wird es immer wichtiger werden, Quartierpflege stärker auszubauen. Wie sonst sollen wir den Anforderungen unserer Gesellschaft und deren Pflegebedarf sonst gerecht werden können. Dazu braucht es keine seherischen Fähigkeiten, ein Blick in unsere Bevölkerungsstatistik genügt.

Autor

Elisabeth Scharfenberg,  Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag von 2005 bis 2017, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik der grünen Bundestagsfraktion. Für sie ist Pflege DAS Zukunftsthema, das alle betrifft, denn Pflege ist keine Frage des Alters. Seit 2018 arbeitet die ausgebildete Sozialarbeiterin freiberuflich als Beraterin im Bereich Pflege. www.team-scharfenberg.de
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